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29. Juni 2009 1 29 /06 /Juni /2009 19:36

Anbei findet ihr das Review von R. Scott Bakkers neuem Roman. Seine zweite, auf eine Trilogie ausgelegte, Serie spielt wiederum im Lande Earwa.

Scott hat mit seiner ersten Trilogie damals hohe Wellen in der englischen Fantasygemeinde geschlagen. Sein Werk wird heute noch kontrovers diskutiert. Nach der Lektüre des ersten Bandes der neuen Serie bin ich sicher, dass es auch hier nicht anders sein wird.

Ich habe mir im Verlaufe der Rezension erlaubt einige englische Begriffe aus dem Buch zu belassen. Der Leser möge mir das verzeihen.


Zum Autor:

 

R. Scott Bakker, ein kanadischer Autor, betrat die Bühne der epischen Fantasy im Jahre 2003 mit seinem Erstlingswerk The Darkness that comes before, dem ersten Buch einer Trilogie namens The Prince of Nothing.

Zu Beginn dieses Jahres kam die lange erwartete Fortsetzung dieses Meisterwerkes auf den amerikanischen und englischen Markt. Die zweite Trilogie The Aspect Emperor beginnt mit dem ersten Band namens The Judging Eye.

 

Das Äussere:

 

Diesesmal habe ich vom amerikanischen Verlag Overlook Press ein ARC (Advanced Reading Copy) erhalten. Ich kann also über das kaufbare Buch wenig aussagen. Das ARC weiss allerdings auch zu gefallen, in dezentem Schwarz gehalten, mit einer abstrakten Figur als zentrales Motiv. Es ist ein Softcover im Trade-Format.

Eine Worterklärung und ein Anhang sind ebenfalls am Ende des Buches zu finden. Sie sind allerdings wesentlich kürzer als in der ersten Trilogie. Das kann aber auch daran liegen, dass das Buch ein ARC ist.

Zuerst noch ein Wort der Warnung: Wer Bakkers erste Trilogie noch nicht gelesen hat, sollte dieses Review noch nicht lesen, denn es enthält Spoiler für diese!

 

Die Vorgeschichte:

 

Die Vorgeschichte dieser Trilogie sollte dem geneigten Leser bekannt sein. Es ist dies nämlich die erste Trilogie „Der Krieg der Propheten“. Ich möchte an dieser Stelle nicht allzu viele Worte darüber verlieren, ich kann nur jedem Leser empfehlen, diese Trilogie zu lesen (eine Rezension zum ersten Band findet ihr hier auf dem Blog), bevor er sich an The Judging Eye macht, ansonsten verpasst man viel und kann viele Zusammenhänge nicht  verstehen. An dieser Stelle noch einmal die Warnung – Spoiler zur ersten Trilogie werden folgen!

Als kurze Einleitung:

Die Reiche um die drei Meere sind befriedigt worden. Kellhus, der Aspect Emperor, hat sich alle Reiche einverleibt, sogar bis nach Zeum ist er gekommen. Er und Esmenet regieren als götterlgeiche Regenten. 20 Jahre sind vergangen, seit der grosse Sieg der Inrithi in Shimeh den heiligen Krieg beendete.

Doch es steht nicht alles zum Besten in der neuen Welt.

 

Die Handlung in Kürze:

 

Wiederum verfolgt man mehrere Hauptpersonen durch das Buch, aus dessen Sicht erzählt wird. Einige altbekannte mischen sich mit neuen Figuren. Esmenet, Achamian und Maithanet kommen vor, Kellhus natürlich (obwohl wir keine Kapitel haben, die aus seiner Sicht erzählt sind) und einige kleinere Auftritte von grossen Namen aus der ersten Trilogie. Neue Figuren sind insbesondere Mimara, angeblich Achamians  und EsmenetsTochter, und ein junger König namens Sorweel, dessen Königreich zu Beginn der Geschichte von Kellhus Armee erobert wird. Auch interessant sind die Söhne und Töchter von Kellhus, die er mit Esmenet gezeugt hat. Hier hat insbesondere der jüngste, Kelmomas, auch einiges an Seiten zugesprochen bekommen…da scheint sich etwas anzubahnen…aber dazu sei noch nichts verraten.

 

Zur eigentlichen Handlung:

Der Heilige Krieg ist seit 20 Jahren zu Ende. Kellhus regiert die drei Meere als absoluter Herrscher und duldet keinen Widerspruch. Zu Beginn des Buches hat er eine grosse  Armee gesammelt, mit der er in den alten Norden reisen will, um die Rathgeber (Consult) ein für allemal zu vernichten. Eine Wiedergeburt des Nicht-Gottes darf es niemals geben. Deshalb sammelt er eine riesige Armee, bestehend aus Männer und Frauen aus allen Ländern, und zieht gegen Golgotterath, dem Ursprung der Inchoroi. Er lässt seine Frau Esmenet zurück, um die Staatsgeschäfte zu führen. Diesem Tross folgen wir durch die Augen Sorweels. Die Reise ist zu Ende des Buches immer noch in vollem Gange.

Esmenet hat in den vergangenen Jahren viel Leid erfahren, sind doch viele ihrer Kinder wahnsinnig oder unnahbar. Das Blut und Erbe von Kellhus scheint zu stark für sterbliche Hüllen. Jetzt muss sie auch noch den Thron übernehmen und zusätzliche Lasten tragen. Die Hyänen um den Thron und alle Speichellecker wittern bald ihre Chance und beginnen, jetzt wo der mächtige Kellhus weg ist, ihre Spiele zu spielen. Esmenet kommt schnell in Bedrängnis und auch Maithanet, den Kellhus zu ihrer Hilfe zurückgelassen hat, kann nur bedingt helfen. Esmenet hadert mit ihrer Lebenslage…viele Dinge machen ihr zu schaffen, vor allem die fehlende Beziehungen zu ihren Kindern.

Zu allem Übel beginnt nun auch einer der vielen Götterkulte der Imperatorin Ärger zu machen. Der Kult von Jatwer, der Erdgöttin, begehrt auf gegen die blasphemische Herrschaft des Dämonen Kellhus. Und sie haben einen Messias, einen vorhergesagten Krieger…den White-Luck Warrior. Wer er genau ist und was er leisten soll wird in diesem Buch nicht aufgelöst.

Parallel dazu sehen wir, was aus Achamian geworden ist. Als Eremit lebt er in Galeoth, weit ab jeglicher Zivilisation. Er hat einen kleinen Turm und wenige Diener, die sich um sein Wohlergehen kümmern. Er hat allem abgeschworen und versucht nur noch, das Geheimnis um Kellhus zu lüften. Er will ihn als den Hochstapler, der er ist, entlarven. Seine Träume, die ihm seine Verbindung zu Seswatha bescheren, werden immer spezifischer und er glaubt, dass er bald eine Lösung haben wird. Da tritt Mimara in sein Leben, seine angebliche Tochter. Sie möchte von Achamian zur Zauberin ausgebildet werden. Achamian will das nicht, doch irgendwann muss er vor der Hartnäckigkeit der jungen Frau kapitulieren. Er nimmt sie sogar mit auf seine Reise. Achamian wirbt eine Truppe von Skalpern an, Sranc-Jäger, die im Nordosten ihrem blutigen Geschäft nachgehen…eine Bande von Halsabschneidern…doch nur mit ihrer Hilfe kann er überhaupt hoffen, an sein Ziel zu gelangen…quer durch die Istyuli Ebenen, ebenfalls in den alten Norden. Er muss die Schatzkammer des uralten Magierordens finden, der Sohonc…dort liegt das Wissen zu Kellhus Herkunft.

 

Mehr Details möchte ich hier nicht preisgeben, das hier soll euch das Buch schmackhaft machen, nicht zusammenfassen…also, lest selber ;)

 

Meinung:

 

R. Scott Bakker legt auch in seiner zweiten Trilogie die Latte hoch. Seine Sprache ist noch besser geworden, seine philosophischen Gedankenkonstrukte werden konsequent weitergeführt und die Welt, welche mir sehr gut gefällt, wird weiter aufgedeckt. Zum Beispiel erfahren wir endlich auch mehr über die Nonmen, die Nichtmenschen. Sie sind, im Gegensatz zu vielen anderen Rassen aus anderen Romanen, wirklich seltsam und fremd.

Ein Pluspunkt, zumindest meiner Meinung nach, ist, dass Kellhus sehr wenig vorkommt, war er mir in der ersten Trilogie doch zu übermächtig und dominant. Hier ist das Scheinwerferlicht mehr auf kleinere Akteure gerichtet, wie zum Beispiel Sorweel. Achamian könnte man wohl den Hauptprotagonisten dieses Bandes nennen. Wer ihn in der ersten Trilogie mochte, wird hier seine Freude haben. Wer ihn nicht lesen mochte, ja der wird seine Mühe haben.

Wie schon zuvor ist auch in diesem Buch die Welt eine der Protagonistinnen. Scott gibt seiner Schöpfung noch mehr Tiefe und Farbe und es ist eine plastische und faszinierende Welt, die er geschaffen hat. Vertraut genug, dass man sich einfühlen kann und doch fremd und mystisch. Es ist dem Leser schnell klar, dass hier viel Zeit und Liebe investiert wurde.

Scott ist ein Autor, der den Leser fordert. Er macht es einem nicht einfach…weder sprachlich noch vom Inhalt her. Die Szenen sind zum Teil obszön und brutal. Aufgewogen wird dies wiederum durch Passagen die einem zum denken anregen. Die philosophischen Gedanken und Diskussionen, aber auch die Auszüge aus In-Welt Werken sind erneut ein Leckerbissen

Scott beweist erneut, dass er ein genauer Beobachter menschlicher Verhaltensweisen ist. Die Charaktere sind, wenn auch nicht sympathisch, doch sehr authentisch und lebensnah modelliert.

Wie schon beim letzten Mal, bleibt mir als einzige Hauptkritik die fehlenden Sympathieträger zu nennen. Die Figuren sind alle sehr zerrissen und auch oft herzlos. Ich konnte selten so richtig mitfiebern für sie.

In einer solchen Welt mag das jedoch durchaus passend sein. Es gibt nicht viele Lichtblicke in der Handlung. Somit ist auch klar, dass dieses Buch nicht für jedermann ist. Wer frohe, positiv gezeichnete Geschichten mag, sollte von Bakkers Werk besser die Finger lassen.

Ein weiterer klassischer „Nachteil“ liegt darin, dass in Band eins vorrangig Setup betrieben wird…sehr viel Einführung und hinleiten auf Kommendes aber nicht wirklich viel erfüllende Stränge.

Das Bakker gegen Ende des Buches mehr oder minder dem Herrn der Ringe nachschreibt, nur weil die Truppe durch ein Höhlenlabyrint irrt, mag ich nicht mitunterschreiben. Natürlich kann einem diese Szenerie an Moria erinnern, aber es hat genug Eigenständigkeit, dass es mich nicht gestört hat.

 

Fazit:

 

Beim Fazit kann ich eigentlich nur wiederholen, was ich schon damals bei der Rezension zum ersten Werk gesagt habe: Ich würde das Buch sofort jedem Fantasyfan empfehlen, der realistische, dunkle Fantasy mag. Das Buch gehört in die Kategorie des momentan sehr beliebten Grim and Gritty-Subgenres.


 

Wer mal etwas weitab von Tolkien und seinen Nachahmern sucht, ist hier goldrichtig.


 

Bewertung:   8.5 von 10 eremitischen Zauberern

Anomandaris
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