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13. Dezember 2014 6 13 /12 /Dezember /2014 12:53

Hallo Fantasy Fans,

 

Heute präsentiere wir euch eine Rezension von einem Rollenspiel (der "Papier und Bleistift" Art).

Der Verlag Sixmorevodka hat vor kurzem sein Rollenspiel Degenesis neu aufgelegt und es Degenesis Rebirth genannt. Die zweite Edition des Spiels macht schon rein optisch unglaublich viel her. Aber lest selbst...

Unser Rezensent Marc war jedenfalls hin und weg von diesem Werk ;)

 

Wir möchten uns bei MARKO DJURDJEVIC für das Rezi-Exemplar bedanken.

 

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Eshaton - So wird die Stunde Null genannt, in der ein riesiger Meteorit das Antlitz der Erde neu gestaltete. Trotz Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüchen und einer kurzfristigen Eiszeit blieb uns das Schicksal der Dinosaurier erspart und die Menschheit überlebte. Wir schreiben das Jahr 2573, 500 Jahre nach der ultimativen Katastrophe, willkommen in der Welt von Degenesis.

 

Das ganze Setting umfasst zwei grosse weisse Bücher (Hardcover samt Schuber) à ca. 350 Seiten. Das erste Buch nennt sich Primal Punk und darin erfährt man alles über die Kulturen und Kulte, die bei Degenesis vorherrschen und eine wichtige Rolle spielen. Beim zweiten Buch namens Katharsys wird dann die Gamemechanik erläutert und man kriegt noch mehr Einzelheiten und Infos über die Hintergründe.

 

Bevor ich mit der eigentlichen Rezension beginne, möchte ich noch erwähnen, dass ich grosser Anhänger der Fallout Videogames bin und ich auch sonst eine etwas beunruhigende Faszination für Endzeitszenarien hege. Ich versuche trotzdem so neutral wie möglich zu bleiben ;)

 

Primal Punk:

 

500 Jahre nach dem Eshaton, sind Europa und Afrika Schauplatz der Apokalypse. Was heisst hier eigentlich Apokalypse? Man könnte meinen so lange nach Tag X, hätte die Menschheit das Schlimmste hinter sich. Natürlich ist das Meiste nicht mehr wie es einmal war. Als erstes fallen einem die diversen geographischen Veränderungen ins Auge, eine von vielen ist zum Beispiel die markante, tausende Kilometer lange Schneise, genannt Sichelschlag, die der Meteor hinterlassen hat. Diese führt vertikal durch Europa und an dessen Grund brodelt heisse Lava.
Oder das es nun kein Meer mehr gibt zwischen Gibraltar und Nordafrika, dafür eine Brücke aus gestrandeten Tankern und anderen Ozeanriesen. 

Länder, wie wir sie kennen, existieren nicht mehr, dafür 6 regionale Kulturen. Es würde zu weit führen, hier jede einzeln zu beschreiben, aber um Sie aufzuzählen: da wären die Purgare, Borca, Africaner, Hybrisspanier, Balkhan und Franka. Die meisten Namen lassen auf die Vergangenheit der  jeweiligen Kulturen  zurückschliessen, dem so genannten Ur-Volk. Aber noch lange nicht alle sind interessiert an Ihrer Vergangenheit und so leben Sie mal mehr, mal weniger im Schatten Ihrer Ahnen.

Viele Menschen haben sich zu Clans vereinigt (Es gibt 21 Clans in Degenesis). Zusammen lässt es sich nun mal besser überleben als alleine! Das Recht des Stärkeren herrscht wo es ums nackte Überleben geht. Wo alte Konflikte mit dem Weltuntergang vergessen gingen, flammten neue auf. Aber es gibt auch Gesetz und Ordnung, es existieren grössere Städte und auch Handel wird rege betrieben. Schiffe befahren gewisse Handelsrouten und der Dinar und der Chronisten-Wechsel sind die neuen Währungen der Welt.

Weiter haben sich diverse Kulte entwickelt. Dreizehn um genau zu sein. Und genau in so einem Kult findet man sich dann auch als Spieler wieder. Da die Kulte eine so zentrale Rolle bei Degenesis spielen, nehmen wir uns die Zeit und schauen sie uns etwas genauer an:

Anubier:

Als Heiler und Mystiker leiten Sie Ihr Volk bis in den Tod. Sie gehen mit offenen Augen und geschärftem Verstand durch eine verseuchte Welt.

Apokalyptiker:

Sie scheren sich ein Dreck um Zukunft oder Vergangenheit, fahren Mad-Maxmässig auf Motorrädern durchs Ödland, saufen, huren, und konsumieren Drogen. Wen interessiert es, morgen könnte schon alles vorbei sein.

Bleicher:

500 Jahre haben Sie im Bunker verweilt und dies hat Spuren hinterlassen. Degeneriert durch Dunkelheit und Inzest, sind Sie zu gedrungenen und fahlen Wesen mit eigener Weltanschauung geworden, die Sie gegebenenfalls mit einer Maschinenpistole verteidigen.

Chronisten:

Die Nerds der schönen neuen Welt. Immer auf der Suche nach Technik aus der Vorzeit sind sie erpicht, den sogenannten Stream zu reaktivieren. Sie sammeln Wissen; und Wissen bedeutet noch immer Macht. Sollte dies mal nicht reichen, bleibt immer noch der Griff mit dem Schockhandschuh.

Hellvetiker:

Ehemalige Schweizer. Eingebunkert in einer Bergfestung, haben Sie die Katastrophe mehr oder weniger unbeschadet überlebt. Diese riesige Feste bildet nun mehr oder weniger den Transitpunkt der Alpen (Bei der Durchreise wird abkassiert). Die Hellvetiker sind top ausgerüstet (sie erinnern ein bisschen an die Brotherhood of Steel, wem das etwas sagt) und straff militärisch organisiert, moderne Waffen und Ausrüstung inklusive.


Richter:

Mit Vorschlaghammer und Muskete bewaffnet bringen sie ein gewisses Mass an Gesetz ins Ödland. Du sollst nicht töten, Du sollst nicht stehlen und so weiter. Einfache Grundsätze, die ein friedliches Zusammenleben erst möglich machen. Damals wie heute brauchen gewisse Menschen einen Denkanstoss. Die Richter weisen den Weg.

Sipplinge:

Zusammen sind wir stark. Nach der Katastrophe rotteten sich Überlende zusammen. Sie bilden die Nomaden und Barbaren der Ödnis. Während einige zu uralten Lebensweisen mit Verehrung von Donner und Sonne als Gottheiten zurückgefunden haben, vertrauen andere lieber auf neuzeitliche Schnellfeuergewehre. 

Schrotter:

Einzelgänger, die sich nicht zu schade sind, sich die Finger wund zu schürfen, um die Artefakte und Wunderwerke der Technik, die das Urvolk hinterlassen hat, zu bergen. Die Funde werden dann meist umgehend für gutes Geld an die Chronisten verscherbelt.

Neolybier:

Grosskotzige Händler, prunksüchtig und egozentrisch fahren sie auf Ihren Drangpanzern und Schiffen durch die zerstörte Welt, stets auf der Suche nach dem grössten Profit. Ein Nein wird schlichtweg nicht akzeptiert.

Geissler:

Sie beschreiten den Weg Ihrer (afrikanischen) Ahnen, gelten als Todesboten im europäischen Teil der Welt und sorgen für einen stetigen Nachschub an weissen Sklaven.

Jehammedaner:

 

Der Glaube ist immer noch eine starke Kraft mit der zu Rechnen ist. Jehammedaner sind gesegnete Kinder Gottes, die sich mit Schwert und Gebet durchs Ödland schlagen.

Wiedertäufer:

Fanatiker die meinen die Wahrheit alles Bösen zu kennen. Sie kämpfen verbissen und ohne Rücksicht auf Verluste gegen Psychonauten und die Übel der Neuzeit.

Spitalier (im sehenswerten Trailer auf der Degenesis Website sieht man übrigens ein Gruppe Spitalier)

Sie kleiden sich in Neoprenanzügen, tragen Gasmasken (erinnert an den 2ten Weltkrieg und der Kult hat auch sonst noch einen faschistischen Touch) und nehmen es mit der Reinlichkeit sehr genau. Sie sind die Ärzte in dieser verseuchten Welt, die einzigen, die Heilung versprechen und auch die letzte Bastion gegen den Primer. 




Was, Primer? Ach ja, ich sagte ja, man könnte meinen das Schlimmste hätten wir hinter uns, aber der Meteor hat noch ein Geschenk von seiner Reise mitgebracht. Nämlich eine Art Pilz, der sich langsam auf der Erde verteilt und so allerlei Unfug treibt. Der Primer findet gefallen an DNA, infiltriert sie und verändert sie. Menschen die die Sporen einatmen oder von einem infizierten Insekt gestochen werden verändern sich. Bei Erwachsenen hält sich die Veränderung allerdings in Grenzen. Wird man zu sehr versport, verliert man nach einer Weile seinen Willen und unterliegt dem Kollektiv des Primers, wird zum sogenannten Leperos. Man ist dann Nahrungsquelle für den Primer und Träger der Saat. 
Richtig schlimm wird es allerdings erst, wenn der Primer Säuglinge befällt. Die frische, wachsende DNA wird neu gestaltet und geboren wird ein regionaltypischer Mischling aus Primer und Mensch. Der Homo Degesis, vom Volk auch Psychonaut genannt. Sie sind die Antagonisten dieses Spiels und haben es wirklich in sich. Obwohl Sie anfangs noch menschlich Aussehen (sich allerdings nicht so verhalten), mutieren Sie langsam zu Alpträumen mit allerlei Fähigkeiten. Ein paar Beispiel-Fähigkeiten: Einige können in die Zukunft zu sehen, Andere sind zu Telekinese fähig oder ziehen Menschenscharen mit Pheromonen in Ihren Bann. Begleitet werden Sie stets von Unmengen Insekten, die vollkommen unter Ihrer Kontrolle stehen.

Eine absolute Horrorstory und doch gibt es auch unter den Menschen Opportunisten, die mit Ihnen kooperieren, sich Ihnen (nicht unbedingt freiwillig) anschliessen und Sie als neue Nummer 1 der Nahrungskette akzeptieren.

 

So weit so gut!

Natürlich ist nicht alles so simpel, kann man doch das ganze Setting nicht in ein paar Sätze quetschen. Wie gesagt, das Buch zählt 350 Seiten und es werden einem Unmengen an Hintergrundinfo geboten. Man merkt sehr schnell, wieviel Liebe und Aufwand die Macher in Ihr  Werk gesteckt haben. Allem voran das Artwork, welches wohl zum schönsten gehört, was ich je in irgendeinem RPG Handbuch gesehen habe. Man kann sich ehrlich fast nicht sattsehen.

Der Text ist stets sehr atmosphärisch und bedeutungsschwanger verfasst, was mich ebenfalls total in den Bann gezogen hat. Da verzeihe ich auch, dass ich als Ur-Hellvetiker mehr als einmal den Duden zur Hand nehmen musste, da ich das eine oder andere Wort schlicht und einfach nicht verstand. Über so manche Geschichte oder Beschreibung, die sehr wohl auch aus der Gedankenwelt eines HR Giger (RIP) hätte stammen können, musste ich noch lange studieren nachdem ich das Buch weggelegt hatte. Einfach nur toll!

 

Katharsys:

Während in Primal Punk die ganzen Kulturen und Kulte beschrieben werden, findet man in dem Buch Katharsys, welches nicht ein Deut weniger schön gestaltet ist, die Spielregeln und eine Menge Infos betreffend Waffen, Fahrzeugen, einer Droge namens Burn und schliesslich ausführliche Beschreibungen der ganzen Feinde (Klans, Psychonauten etc.).

Waffentechnisch gibt es alles, was das Endzeitlerherz begehrt. Von selbstgebastelten Keulen, Schwertern und Morgensternen bis hin zur guten alten Pumpgun, oder dem Raketenwerfer, sollte mal das Bedürfnis zur crowd control bestehen. Daneben gibt es exotische Waffen wie das Fungizidgewehr, den Pneumohammer oder den Spreizer (auch im Trailer zu sehen). Manche Waffen sind allerdings kultspezifisch und die Kulte sehen es nicht gerne, wenn ein Aussenständiger sich damit brüstet.
Fahrzeuge sind rar, aber doch vorhanden. Geflogen wird zwar nicht mehr, dafür gibt es aber abgefuckte Buggies, Motorräder und als Krönung den von den Africanern benützten Drangpanzer (ein mehrstöckiger Koloss, der einfach nur cool aussieht).

 

Auch das Spielsystem finde ich sehr sympathisch. Gewürfelt wird ausschliesslich mit 6er Würfeln (maximale Anzahl sind 12 Würfel auf einmal), wobei dann jeder Wurf von 4 oder mehr auf einem Würfel als Erfolg zählt. Die sechs löst dann noch einen sogenannten Trigger aus, mit welchem man mehr Schaden verursacht, schneller agiert, oder zum Beispiel spezielle Fähigkeiten einer Waffe aktiviert. Trigger kommen aber nur zum Zug, wenn die Aktion auch Erfolgreich war. 

Die Anzahl Würfel wird jeweils von einem der sechs Attribute (Körper, Geschicklichkeit, Charisma, Verstand, Psyche, Instinkt), sowie deren Fertigkeiten ermittelt. Sollten diese zusammengezählt mehr als 12 ergeben, ist alles darüber ein automatischer Erfolg.

So müsste man zum Beispiel um einen Abgrund zu überspringen, die Punkte vom Attribut Körper mit der Fertigkeit Athletik kombinieren.
Hört sich einfach an? Jein, natürlich gehört noch einiges mehr dazu, aber es ist simpel genug, dass es sicherlich nicht bis zum Eshaton dauert, die Regeln zu erlernen. Trotzdem ist es auch genug komplex, um Interaktionen und Kampfhandlung genügend Realismus zu geben. Auch das Charakterblatt auf der letzten Seite des Buches kommt sehr übersichtlich und nicht überladen daher.

So, wie ihr seht ist es mir nicht gelungen, neutral zu bleiben ;)

Aber im Ernst, etwas Negatives muss man meiner Meinung nach wirklich mit der Lupe suchen. Wenn ich etwas erwähnen müsste, dann wäre es vielleicht, dass irgendwo aus der Versenkung wieder Mammuts das Licht der Welt erblickt haben. Dies wäre meiner Meinung nach nicht nötig gewesen und ist irgendwie auch nicht ganz nachvollziehbar.
Weiter könnte ich mir vorstellen, dass dem einen oder anderen der sehr atmosphärische gehaltene Text mit der Zeit auf den Senkel gehen könnte. Das ist aber wirklich reine Geschmacksache.

Der Text ist allerdings wirklich nicht die einfachste Lektüre und lässt sich nicht „mal so nebenbei“ lesen. Aber wie gesagt, ich steh voll drauf.  

Fazit:

 

Jedem Prepper, Endzeitfan und auch allen anderen, die gerne mal vom klassischen Fantasy oder Sci-Fi RPG eine Auszeit nehmen wollen, kann ich Degenesis nur empfehlen. Die 99 Euro Kaufpreis für die Grund-Edition (es gibt auch noch Sammel-Editionen) sind meiner Meinung nach mehr als gerechtfertigt.

 

Einen Besuch auf der Website (Direktlink siehe zu Beginn der Rezi) kann ich nur empfehlen. Es gibt dort schon viel von dem schaurig schönen Artwork zu sehen, Leseproben, Charakterblatt, Errata und wie gesagt einen bombastischen Trailer. Over and Out, jetzt brauch ich erstmal ne Nase Burn.

 

Marc


 

Bewertung: 9.5 von 10 apokalyptischen Reitern.

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